Zersetzungsprozesse bei einer toten Maus
Im August 2023 fand ich auf einer Treppe, die direkt angrenzt an eine Rasenfläche, eine tote Maus. Die Todesursache der Maus ist mir nicht bekannt. Im Laufe der nächsten Tage habe ich die Maus weiter beobachtet und einige Male – leider nicht regelmäßig – fotografiert. Mit einigen Informationen zum Thema „Was passiert eigentlich mit dem Körper einer toten Maus?“ werde ich die Bilder nachfolgend präsentieren.
ACHTUNG: Die Bilder einer verwesenden Maus mögen den einen oder anderen erschrecken, ekeln oder sogar schockieren und in Angst versetzen. Daher ist das erste Bild der Slideshow unkenntlich gemacht. Wenn Sie nur lesen möchten: Unter der Galerie findet sich der Text!
„Für viele Tiere ist der Duft toter Tiere geradezu unwiderstehlich. Die Fliegen sind die ersten Tiere, die davon angelockt werden“, heißt es in einem Artikel von Sylvaine von Liebe und Herbert Hackl (nähere Angaben siehe unten). Meine Erfahrung im August 2023 zeigte etwas anderes (siehe die Bilder 1 und 2, aufgenommen am 5. August): Als erstes machten sich Ameisen über die tote Maus her. Ob sie auch für die gerissene Haut des Kopfes verantwortlich waren oder ob dies eine offene Wunde, zugefügt von einer Katze, war, ist mir nicht klar. Klar ist aber, dass schon länger in der Nähe des Kadaver-Fundorts ein Ameisenweg vorbeiführt (siehe meinen Blogbeitrag „Fotografie-Projekt: Auf und an der Mauer“: Die Mauer steht direkt an der Treppe, wo ich den Mauskadaver fand). Entdecken einige Ameisen eine gute Nahrungsquelle, so legen sie mit Duftstoffen eine Spur – und so war hier ein neuer Ameisenweg entstanden, weitere Ameisen fraßen das Aas.
All dies gehört zum Kreislauf der Natur: Ameisen sind mit zahlreichen anderen Tieren daran beteiligt, dass tote Tiere zersetzt werden. Wenn sie, wie in den ersten beiden Bildern gezeigt wird, durch Fressen das Innere einer Maus offenlegen, erschaffen sie für andere Kleinsttiere einen neuen Lebensraum. So legen Fliegen, allen voran die Goldfliege, auch Grüne Fliege oder Schmeißfliege (siehe Bild 3 vom 6. August) genannt, eine Unmenge an Eiern in das tote Tier – und aus den Eiern schlüpfen Larven, die sogleich eine gute Nahrungsquelle vorfinden. Zudem sorgt das zersetzte Aas für einen nährstoffreicheren Boden, was wiederum Pflanzen zugutekommt. Untersuchungen haben, laut natur.de (s.u.), gezeigt, dass es aus diesen Gründen auch besser wäre, selbst große Tierkadaver, z.B. von Rehen oder Hirschen, „einfach“ im Wald liegen zu lassen. Die ökologische Bedeutung wäre enorm: Der gesamte Zersetzungsprozess hat positive Effekte auf die Artenvielfalt und die Vegetation.
Wie Bild 3 zeigt, kommen weitere Tiere hinzu: Unter der Goldfliege ist noch der sogenannte Schwarze Aaskäfer zu sehen, ca. 15 mm lang und ganz schwarz gefärbt. Manche Aaskäfer, z.B. der Schwarzhörniger Totengräber, den ich in diesem Blog schon vorgestellt habe, besitzen rote oder orange Flecken.
Am selben Tag, siehe Bild 4 und 5 vom 6. August, waren Asseln, die a) keine Insekten sind, sondern ursprünglich aus dem Meer stammen und zur Klasse der Krebse oder Krustentiere gehören, b) eigentlich vornehmlich pflanzliche Reste verzehren, aber auch vor Aas nicht haltmachen. Da sie ihre Verdauung die Nahrung nur unvollständig verarbeiten können, fressen Asseln nach der Ausscheidung ihren eigenen Kot, um weitere Nährstoffe zu verwerten.
Interessanter Nebenaspekt: Die Asseln fressen hier mit am Kadaver der Maus, die eigentlich selbst gern Asseln verzehrt…
Der Prozess der Tierzersetzung besteht vornehmlich aus drei Phasen: der Autolyse, der Fäulnis und der Verwesung. Autolyse ist eine Art Selbstauflösung: Das Tier stirbt, die Körperzellen sterben ab und werden durch gewebeeigene Enzyme aufgelöst. An der zersetzenden Fäulnis sind dann schon Mikroorganismen beteiligt, vornehmlich Bakterien, an der Verwesung „arbeiten“ auch höhere Organismen mit: Käfer, Ameisen und ihre Larven.
Bild 6 vom 7. August zeigt die Maus mit nur noch Haut, Haaren und Knochen. Am 12. August (s. Bild 7) hatte es stark geregnet und zehn Tage später, auf den Bildern 8 und 9, sind schließlich fast nur noch die Knochen der Maus zu sehen. Bis diese zersetzt sind, dauert es länger. Ein starker Regen mit viel Wind an den Tagen danach hat die kleinen Knochen und damit die letzten sichtbaren Reste der kleinen Maus hinweggespült und -geweht.
Benutzte Literatur:
- Sylvaine von Liebe und Herbert Hackl: Kadaverforschung: Warum tote Tiere für die Natur wichtig sind. Online auf den Seiten des Bayerischen Rundfunks unter: https://www.br.de/nachrichten/wissen/kadaverforschung-warum-tote-tiere-fuer-die-natur-wichtig-sind,SCitwPa (vom 10.10.2020, abgerufen am 12.01.2024).
- Nadja Podbregar: Tote Tiere sind wichtig fürs Ökosystem – auch bei uns. Online auf den Seiten von natur.de unter: https://www.wissenschaft.de/erde-umwelt/tote-tiere-sind-wichtig-fuers-oekosystem-auch-bei-uns/ (vom 24.01.2020, abgerufen am 12.01.2024).
- Bernhard Klausnitzer: Wunderwelt der Käfer. 3. Auflage. Berlin 2019.
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